Mittwoch, 29. September 2010

Frauenfussball?

Am 7. Oktober treffen im Aarauer Brügglifeld die Frauen-Fussball-Nationalteams der Schweiz und Dänemark aufeinander. Dies im Rahmen der Qualifikation zur Fussball-WM 2011 in Deutschland.Frauenfussball ist ja nicht jedermanns Sache - um das mal in ein Wortspiel zu verpacken. Abgesehen davon, dass die Sportart punkto Physis und Technik nur wenig Höhepunkte bietet, verpasst die FIFA dem Frauenfussball auch noch einen unmöglichen Qualifikationsmodus. Als Gruppensieger ist die Nationalmannschaft nicht etwa direkt für die WM qualifiziert, sondern musste zuerst eine Barrage gegen England austragen, die aber verloren wurde. Dennoch kommt es jetzt zu einer weiteren Barrage - am 3. und 7. Oktober gegen Dänemark. Das Gewinnerteam muss hiernach noch einmal in die Barrage und als Siegerin dieser Barrage ist frau qualifiziert für eine weitere Barrage. Im besten Fall kann die Weltfrauenfussballfangemeinde noch sechs Schweizer Spiele bewundern, ehe es nach Deutschland an die WM geht.

Wie dem auch sei, das Spiel zwischen der Schweiz und Dänemark findet im schmucken Stadion in Aarau statt. An der heutigen vorbereitenden Sitzung, an der ich teilnehmen durfte, wurde aber schnell klar, dass für den Frauenfussball (zu meiner persönlichen Überraschung, wie ich zugeben muss) einen ebensolchen Aufwand betrieben wird, wie bei einem Match der Männerkollegen. Sicherheitsdispositive, Sponsorenwünsche, Pressekonferenzen vor und nach dem Spiel, minutiös vorgegebene Anordnung der Beflaggung, Einlaufzeremonie usw.: "Wie bei den Grossen" ist man geneigt zu sagen. Spannend wird es allemal im Brügglifeld, denn die Däninen haben ihre Qualifikationsgruppe ebenso deutlich gewonnen wie die Schweizerinnen - zum Beispiel gabs einen 15:0-Sieg gegen Georgien und während der ganzen Qualifikationsphase kassierten die Nordeuropäerinnen keinen einzigen Gegentreffer. Wer also sehen möchte, wie ein weibliches Verteidigungs-Bollwerk aussieht, kommt am 7. Oktober ins Brügglifeld - der Eintritt beträgt Nationalmannschaftstaugliche 20 Franken, Spielbeginn ist um 18.30 Uhr.

Sonntag, 26. September 2010

Cemal, Vedran und Emmanuel

Die Meldungen:
  • Sie sind unverbesserlich, die Raser von Schönenwerd. Vergangenen Donnerstag beteiligte sich einer der Angeklagten erneut an einem illegalen Autorennen.
  • Emmanuel Gnagne (18) hätte dieser Tage mit seiner Familie zurück in die Elfenbeinküste ausgewiesen werden sollen. Jetzt darf er vorerst bleiben.

Die Gedanken: Dies ist die Geschichte von drei jungen Männern. Ihnen ist gemeinsam, dass ihre Eltern sich entschieden haben in der Schweiz ein neues Leben anzufangen. Sie haben sich hier niedergelassen, sich so gut es ging eingelebt, um ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Hier, in einem der wohl perfektesten Ländern der Welt, wo das Wasser aus der Leitung gesünder als jedes Mineralwasser ist, wo jede Unklarheit einen Gesetzesartikel kennt - hier würde den jungen Menschen die Welt offen stehen.

Emmanuel, der Ivorer, hat in nur fünf Jahren unsere Sprache gelernt und sich vom Realschüler in die Kantonsschule hinaufgearbeitet. Die beiden anderen jungen Männer, Cemal und Vedran aus dem Balkan, haben als "Raser von Schönenwerd" bei einem illegalen Rennen eine junge Frau getötet. Ihnen wird dieser Tage in Olten der Prozess gemacht.

Emmanuel muss gehen
Und nun ratet alle mal, welcher der drei jungen Männer die Schweiz verlassen muss. Genau: Der voll integrierte, beliebte, intelligente, straffreie Ivorer. Seine Mutter sass bis vor kurzem in Ausschaffungshaft. Nur ein hängiges Härtefallgesuch verhindert den Vollzug der Ausweisung. Die beiden Mörder dagegen dürfen nicht nur in der Schweiz bleiben, sie waren bis vor wenigen Tagen auch noch auf freiem Fuss. Und als wäre das nicht übel genug, leistet sich der eine Mörder quasi auf dem Nachhauseweg vom Gericht ein neuerliches Raserrennen. Am vergangenen Donnerstag, mit über 100 km/h quer durchs Dorf. Der andere Mörder fährt seit zwei Jahren ohne Fahrbewilligung mit einem Auto herum. Und das, nachdem beide mit Hundeaugen flennend, im Gericht die Untröstlichkeit über den beim Autorennen verursachten Tod beteuert haben.

Als Beobachter aus der Entfernung, dem die unterschiedlichen Migrationshintergründe der drei Männer eher egal ist, fällt es mir schwer zu verstehen, wie der gute Ausländer gehen muss und die beiden anderen sich wie Schweine verhalten dürfen und mehr oder weniger tun können, was sie wollen.

Die Verursacher dürfen bleiben
Ich sehe schon die antirassistischen Mahnfinger und ich werde mich hüten, alle osteuropäischen Mitbürger in einen Topf zu werfen. Ich habe einige Freunde und Bekannte aus der Gegend, die mich vom Guten im Menschen überzeugen. Vielmehr möchte ich das Rechtssystem in unserem perfekten Land hinterfragen, das zwar Millionen Gesetze kennt, damit Pfefferkörner richtig verzollt werden (siehe Püntnerfleisch Video), aber nicht den Hauch von gesundem Menschenverstand auf die Reihe kriegt. So sehr die Wut sich gegen all die Cemals und Verdans bedrohlich verallgemeint, so sehr wächst die Überzeugung, dass die tatsächliche Ursache dieser Wut unsere Gesetzesgeber zu verantworten haben. Dem Ivorer wird die Zukunft geraubt, die Raser sind auf freiem Fuss. Die Frage sei erlaubt: Wer hat da geschlampt?

In der Schweiz kriegt man saftige Bussen, wenn man die Steuererklärung zu spät einreicht, kommt aber praktisch ohne Strafe frei, wenn man einen Menschen Totfährt. Die Busse zahlt das Sozialamt. Andererseits werden anständige, beliebte und vorbildlich integrierte Menschen abgeschoben, weil sich dafür ein Gesetz finden lässt. Da bleibt die Vermutung: Irgendwie lohnt es sich gar nicht, sich zu integrieren, anständig zu benehmen, oder immer brav alle Rechnungen zu bezahlen. Das jedenfalls, liebe Richter in Olten, lehrt uns die Schweiz, wenn die Raser von Schönenwerd nicht für mindestens 20 Jahre in ein dunkles Loch gesperrt werden - inzwischen gelten sie ja als vorbestraft, den Cemal und Vedran sitzen für ihre jüngsten Eskapaden hinter Gitter. Wenigstens das.

Dienstag, 21. September 2010

Endlich Bundesratswahlen

Die beiden nachfolgenden Politiker stehen zwar nicht zur Wahl in den Bundesrat - weil sie entweder schon im Amt sind, oder nicht mehr sein wollen. Die beiden lustigsten und deshalb sympathischsten Bundesräte sind sie allemal.

Ich sag nur: Bündnerfleisch :-)



Donnerstag, 16. September 2010

Mellingen: Grosseinsatz der Polizei

Die Meldung ist kurz und knapp, der Einsatz aber auffäig gross: In Mellingen sei ein Autodieb auf der Flucht, das Auto habe man inzwischen gefunden, der Dieb im Grossraum Mellingen flüchtig.

Seit einer Viertelstunde kreist ein Helikopter der Grenzwache über den Dächern des Grossraums Mellingen. Ob der gesuchte Täter im Rentneralter und bewaffnet ist, oder welches Delikt neben dem Autodiebstahl begangen wurde, war zunächst nicht bekannt. Ob ein einfacher Autoklau einen solchen Einsatz rechtfertigt, ist aber auch fragich...

Update: Offenbar handelt es sich um zwei Flüchtige, die mit einem dicken Merzedes eine Art Spritztour machten. Ein Mann wurde gefasst, der andere wird noch gesucht. Autos in der Region werden kontrolliert, die Polizei bittet die Bevölkerung sich bei Beobachtungen unter der Nummer 117 zu melden, aber auf keinen Fall selber einzugreifen. Der gesuchte Mann habe einen dunklen Taint, trägt eine schwarze Jacke und blaue Jeans.

Montag, 13. September 2010

Im Wartezimmer des Todes

Es gibt Ereignisse, die lassen sich vorhersehen. Der Tod, zum Beispiel. Er tritt bei genau 100 Prozent der Menschen irgendwann mal ein. Und obwohl es ein Ereignis ist, das sich weltweit pro Sekunde mehrmals wiederholt, ist es für jene die zurückbleiben ein dramatisches Erlebnis. Als ich dem Tod das erste Mal ernsthaft begegnet bin, war ich elf Jahre alt. Das Telefon klingelte und eine seltsame Ruhe erfüllte den Treppenaufgang, wo der Apparat stand. Wir wussten, das „de Bappe“, wie wir unseren Grossvater nannten, im Spital lag, wo ihm ein Raucherbein abgenommen wurde und wo er schon einige Tage im tiefen Schlaf lag. Trotz dieser Art Vorbereitung, war der Anruf das Schlimmste, was mir bis dahin passieren konnte. Ich rannte am Telefon vorbei, die Treppe hoch in mein Zimmer. Meine Mama hat mich getröstet und getröstet, dabei war Sie doch selber sehr traurig. In das Taschentuch, in welchem ich meine Tränen sammelte, legte ich später ein paar eigene Küsschen und tupfte über Lippen und Stirn meines Grossvaters. Das zerknäulte Tuch legte ich schliesslich in ein aufklappbares Osterei aus Blech, das mir mein Grossvater kurz davor geschenkt hatte.

mini liebi Mama
Heute sitze ich neben einer tapferen Frau, in einem ähnlichen Alter, wie damals „de Bappe“. Sie hat ein Leben lang gearbeitet, gekämpft gegen den Krebs, sich gewehrt gegen Ungerechtigkeit und geholfen, wo immer Sie konnte. Kein Haar hat Sie anderen gekrümmt, kein böser Gedanke hat Ihre Lippen verlassen. Selbst in der Not fand Sie ein heiteres Sprüchlein, ein aufmunterndes Wort. Ihre Arme sind auf dem Tischchen vor Ihr eingestützt, der Kopf hat Sie auf ein kleines Kissen gelegt. Ihr Atem ist schwer, manchmal glaube ich einen Wortfetzen zu verstehen, mehr nicht. Ich spiele Ihr alte Lieder von Elvis Presley vor, die Sie so sehr liebt. Bis vor wenigen Tagen erzählte Sie von Ihrem Leben. Zum Beispiel, als Sie noch ein kleines Mädchen war und mit den Kindern vom Dorf, im „Leiterwäägeli“ an genau dem Haus vorbei ging, in welchem wir jetzt nebeneinander sitzen. Sie hatte es sich immer gewünscht, irgendwann einmal hier wohnen zu dürfen, ein Wunsch der im späteren Leben in Erfüllung gehen sollte. Und dann sagte Sie noch - viele Jahre später - in diesem Haus wolle Sie dann auch sterben. Nicht in einem leblosen Krankenhaus, nicht umgeben von teilnahmslosem Personal.

Heute sitze ich neben einer tapferen Frau, im Haus in dem sich dieser Kreis schliessen wird. Meine Schwester und ich wechseln uns mit unserem Vater ab. Sie wird sterben. Vielleicht heute, vielleicht übermorgen. Der Gedanke dran zerfetzt mein Herz und doch wäre es Ihr zu gönnen, wenn Sie diese furchtbaren Strapazen, Schmerzen und Ängste endlich hinter sich lassen dürfte. Wir warten zusammen, quasi im Wartezimmer des Todes. Aber der Tod hat viel zu tun. Vielleicht werde ich auch zu Hause sein, das Telefon klingelt und ich möchte daran vorbei rennen, die Treppe hoch in mein Zimmer. Ob Sie auch ganz sicher weiss, dass ich Sie liebe? Aber wer wird mich dann trösten, wenn nicht Mama. Ich habe ein paar Küsschen von Ihr und von mir im zerheulten Taschentuch gesammelt und werde es ebenfalls in das aufklappbare Osterei aus Blech, zu Ihrem Bappe legen – noch ein Kreis der sich schliesst. Ach Mama, wenn ich doch nur so viel tun könnte, wie Du immer für uns getan hast. Ich liebe Dich.