Montag, 15. Februar 2010

Arme Alinghi

Zugegeben, ich blieb 2003 auch bis in aller Herrgottsfrühe vor dem Fernseher kleben und fieberte mit dem Aussenseiter-Team Alinghi, aus dem Binnenland Schweiz mit. Auch 2007 freute ich mich über den knappen Sieg und kaufte mir dazwischen sogar einen Bogen Alinghi-Briefmarken, die eigens herausgegeben wurden. Die Faszination, etwas Besonderes zu erleben obsiegte über jeglicher Vernunft, einen normalen Schlafrythmus einzuhalten. Die Vernunft ist zum Glück zurückgekehrt: Die diesjährige Austragung des America's Cup konnte einem ruhigen Gewissens sowas von am Allerwertesten vorbei gehen.

Nicht die Niederlage lässt mich so denken, dafür schlägt mein Herz doch zu wenig patriotisch. Aber jetzt mal ehrlich: Kann man als Normalsterblicher sich noch in irgendeiner Weise darüber erwärmen, wenn Multimilliardäre sich wochenlang gerichtlich auseinandersetzen, wer nun welches Teil wann und wo gebaut haben soll? Heerscharen von Anwälte stritten und streiten sich über Austragungsort, Modus, Bauart der Schiffe, Produktionsort der Segel, um zuletzt ihre Mandanten in Raumschiffen über das Meer fliegen zu lassen. Noch bevor die sehr kurze Kompetition ausgetragen wurde, setzten die Streithähne Alinghi und Oracle mehrere Millionen Hunderternoten in den Sand, einfach mal so, weil sie nichts anderes los hatten.

Bild: Das Orakel hat gewonnen

Einer meiner Facebookfreunde zeigte sich nach der Niederlage in Valencia genötigt, den Ausgang der Regatta als "Katastrophe" zu bezeichnen. Das war mir jetzt doch zu viel. Ich weiss nicht recht, wie ulkig das einem der 2 Millionen obdachlosen Haitianer vorkommen müsste, aber einem, der hier täglich darum krampft seine Familie zu ernähren, kommt das schon ziemlich schräg rein. Schon zuvor brauchte der gleiche Freund das gleiche Wort in einem anderen Zusammenhang. Es sei eine Katastrophe, sagte er, dass das Schweizer Fernsehen die Rennen nicht übertrage.

So schöne Probleme möchte ich auch mal haben. Ich schäme mich schon ein bisschen, vor sieben Jahren so lange vor der Glotze gehockt zu haben. Heute bin ich froh, ist dieser Müll endlich vorbei. In diesem Sinne: Alles gute Alinghi - endlich können wir wieder vorbehaltlos eine Ski-Nation sein.

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