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Mittwoch, 10. Februar 2010

Aus Haiti nichts Neues

So ein Pech auch. Kaum mehr Verschüttete die geborgen werden, keine Verzweifelten Eltern mehr die mit blossen Händen nach ihren Kindern suchen. Keine drammatischen Hauseinstürze mehr, keine Autos, die unter zerstörten Brücken liegen. Haiti ist aus der täglichen Medienberichterstattung verschwunden, aus dem Gewissen der priviligierten Menschheit ebenso - schliesslich hat man zu diesem Zweck ein paar Millionen gespendet. Ich habe ein bisschen den Eindruck und die Befürchtung, dass selbst eine Tragödie mit hunderttausenden Toten in unserer schnelllebigen Gesellschaft zum Vorfall verkommt, der mit dem Jahresabschluss der UBS gleichzusetzen ist. Was für die Menschen in Haiti nach wie vor eine Katastrophe ist und in Anbetracht der bevorstehenden Wetterereignisse nicht besser wird, ist aus medialer Sicht nur noch "Alltag" und damit kaum erwähnenswert.

Ok, ganz verübeln darf man das der Ersten Welt ja nicht. Auch hier muss jede Familie schauen, dass die Steuern bezahlt werden können. Probleme in Beziehungen und Beruf wiegen auf persönlicher Ebene natürlich viel schwerer, als das Leiden weit entfernter Menschen. Und dennoch hofft Caritas Schweiz, dass auch in der Phase nach den bildlich effektvollen Zeiten die Katastrophe in Haiti nicht in Vergessenheit gerät. Mit der Aktion „One Minute of Silence for Haiti“ wurde eine Schweigeminute in ein mp3-file gepackt, die man nun in verschiedenen Stores zum normalen Preis eines mp3-Downloads kaufen kann. Damit bekommt man zwar keinen Hit - der bezahlte Preis kommt aber vollumfänglich der Caritas zu Gute, die sich für den nachhaltigen Wiederaufbau des Erdbebengebietes einsetzen will.
Bild: Die Zeiten spektakulärer Bilder sind vorüber.
Die Katastrophe als Alltag. (via care.de)


Und ja. Viel mehr als das Gewissen mit einer Spende beruhigen, bleibt uns gar nicht übrig. Ich bin geneigt zu sagen: Wenigstens auf dese Weise kann man helfen in einer Welt, in der morgen schon die Bonus-Zahlungen der UBS und 0,1% Verlustpunkte des Dow Jones wichtiger sein werden. Wer den "Song" herunterladen möchte und damit einen kleinen Beitrag leisten möchte, kann das auf der offiziellen Seite von
One Minute of Silence for Haiti tun.

Montag, 14. Dezember 2009

Jeder Rappen nervt

Nichts gegen endlose Solidaritätsbezeugungen für Minderheiten oder gegen Ungerechtigkeiten. Nichts gegen die Rettung der Menschheit vor sämtlichen Krankheiten - auch wenn noch unklar ist, wo wir die alle hin täten. Doch bei monstermässig inszenierten Sammelaktionen wie sie derzeit das Schweizer Staatsmedium mit "Jeder Rappen zählt" an den Tag legt, bleibt unweigerlich eine gehörige Portion Nebengeschmack. Hauptprofiteur der Aktion sind nämlich nicht die Menschen in Afrika, sondern die Pharmaindustrie.

Ok, Malaria ist eine schlimme Krankheit. Mein Vater hatte sie als er noch Kind war und nach dem Verabreichen der Medikamente durchlebte auch er noch zwei Wochen lang die Hölle. Dass man den Menschen Zugang zu den Medikamenten verschaffen will ist eine gut gemeinte Aktion. Sobald ein Spendenmarathon aber im grossen Rahmen veranstaltet wird, steigt ebenso die Anzahl derer, welche von diesen Geldern was abhaben wollen. Das fängt im Fall von "Jeder Rappen zählt" an bei der Lizenz des Sendeformats, die man den Holländern abgekauft hatte; geht über Bauten und technische Einrichtungen auf dem Bundeshausplatz, die man nicht für reine Herzensgüte geschenkt bekommt; bis hin zu den Salären und Entschädigungen der Promi-Moderatoren, die sich auf Knopfdruck gut gelaunt, während einer Woche in einem Glashaus in Bern einsperren lassen. Grösster Profiteur der Aktion ist allerdings eine ganz andere: die Pharmaindustrie. Pharmaindustrie notabene, die ihrerseits für die Forschung nach Malaria-Medis kaum Mittel einsetzt.

Weltweit wird von der Pharmaindustrie heute doppelt so viel Geld im Kampf gegen Haarausfall oder Potenzverlust eingesetzt wie gegen Malaria, Gelbsucht und Bilharziose zusammen.


Der Grund ist einfach: Der Markt für Potenzmittel ist um einiges lukrativer als jener, in dem sich die ärmsten Menschen dieser Welt durchs Leben quälen. Bei allem Respekt gegenüber dem guten Willen, gegenüber jedem Rappen den man gutmütig den Malariagefährdeten Menschen zu schenken glaubt: Das Radio- und Fernsehen-Theaterstück frisst schon mal einen Teil der Spenden weg und geholfen wird letztlich vor allem der Pharmaindustrie, von der bis Ende der einwöchigen Aktion kein einziger Rappen kommen wird.

Und was bei der brutal herzergreifenden Spendenwut aller Promis, die plötzlich irgendeinen persönlichen Bezug zu Malaria zu haben scheinen, gerne vergessen wird: Es gibt in der Schweiz einige ungeklärte, mindestens ebenso schlimme Krankheiten, die einer Spende bedürften. Cystische Fibrose zum Beispiel, eine Fehlfunktion der Lunge, an der in der Schweiz Tausende von Menschen leiden. Oder Ciliäre Dyskinesie. Schon mal gehört? Klingt halt nicht so schick wie "Malaria". An dieser Fehlanordnung von Organen leiden im deutschsprachigen Raum rund 10'000 Menschen. Die Lebenserwartung bei beiden Krankheiten liegt bei etwas über 40 Jahren, die Medikamente kosten ein Vermögen und das Leben der Betroffenen und deren Angehörigen ist ein Leben lang eingeschränkt.

Es geht nicht darum, die gut gemeinte Aktion wie "Jeder Rappen zählt" schlechtzureden. Es geht nur darum, den bedürftigen Nachbarn nicht zu vergessen, dem eine Direktzahlung zu 100% zu Gute käme. Für viele dieser Menschen stimmt die Aussage "Jeder Rappen zählt" genau so. Aus deren Betrachtungswinkel ist der (zu) gross angelegte Spendenaufruf fast schon ein Schlag ins Gesicht - denn viele Spender sehen in der 20er-Note, die sie dem Nik Hartmann für einen Musikwunsch durch den Spenderschlitz stecken, ihre Schuld für diese Weihnachten als getan.

Und aus meiner ganz persönlichen Sichtweise fängt jeder Rappen der künstlich zum Hauptereignis hochgejubelt wird, unter all diesen Gesichtspunkten sogar langsam an zu nerven.