Jetzt ist es mal wieder passiert! Endlich, muss man fast sagen. Im Letzigrund trennen sich Fussballchaoten zum feierlichen Spielabbruch, nachdem man sich gegenseitig das Feuerwerk brennend zugeworfen und allerlei Inventar und Personal vermöbelt hatte. Ein gefundenes Fressen für Medien und ahnungslose Panikmacher.
Damit das klar ist: Eine Würdigung der Letzigrund-Chaoten ist ganz sicher nicht angebracht. Genau so wenig aber auch die "Skandal!"-Ausrufe, die mit gefühltem Mahnfinger geschrieben, im Sekundentakt von allen Seiten auf mich niederprasseln.
"Nie wieder gehe ich in ein Fussballstadion".
"Eine Schande für unser Land"
"Skandal! Und die armen Kinder!"
"Fickt euch alle gegenseitig ins Knie"
Bereits vorprogrammiert sind TV-Debatten zwischen der restriktiven Sanktgallerin und hilflosen Fan-Betreuern und Ligaverantwortlichen, über Gewalt in den Stadien, Hooligans und vernachlässigter Sicherheit an Fussballspielen. Dabei beinhaltet schon dieser Ansatz drei Irrtümer: Erstens findet die Gewalt zu 99% ausserhalb des Stadions statt, zweitens ist der Begriff "Hooligan" ungefähr gleich falsch, als würde man einen Verkehrssünder als Einbrecher bezeichnen und drittens sind Ausschreitungen wie diese kein fussballspezifisches Problem, sondern ein gesellschaftliches. Diesen Fehleinschätzungen folgen aber nicht nur Medien und fehlbesetzte Diskussionsrunden, sondern ziehen auch völlig nutzlose Gegenmassnahmen nach sich.
Versitzplatzung, Polizeiaufgebote und horrende Kosten
Verlierer gibt es eine ganze Reihe: Die Fussballclubs werden von der Disziplinarkommission mit Punkteabzügen und Bussen belegt, die Sicherheit muss pro Spiel um 100'000 Franken erhöht werden, den Fussballfans wird der schöne Sport genommen. Super Sache. 3:0 für die Chaoten die man nicht im Griff hat, die ja nicht einmal Hooligans sind. Noch nicht mal Ultras. Es sind einfach nur Chaoten, die weder mit dem FCZ, mit GC oder überhaupt mit Fussball etwas zu tun haben. Es handelt sich um minderbemittelte Zeitgenossen, die schon die letzte SMS-Party oder 1.Mai-Feier zerstört haben. Und der Triumph der Chaoten wird um so grossartiger und zur Wiederholung erstrebenswerter, weil die daraus folgenden Massnahmen geradewegs zum Kantersieg über den Fussball führen: Die Stadien bestehen nur noch aus überteuerten Sitzplätzen, normale Zuschauer werden nur noch unter Generalverdacht und nach Leibesvisite an ein Spiel gelassen und den Clubs entstehen dank neuen Auflagen und Massnahmen noch höhere Sicherheitskosten - die sie heute schon nicht mehr bezahlen können.
In anderen Worten: Panik ist nicht angesagt, auch wenn Direktbetroffene mit einer Wut im Bauch das Letzigrund verlassen haben und heute über die ganz ganz bösen Fussballfans schimpfen. Die Diskussion muss geführt werden, aber nicht unter der Befehlsgewalt der Chaoten, sondern im Konsens mit Fans, den Clubs, Behörden und jenen die den ganzen Spass bezahlen. An einem Tisch an dem sich Fachleute treffen und nicht Schönwetterredner die im Herbst wiedergewählt werden wollen.
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