Vorauszuschicken ist, dass die Umfrage vom selben Institut durchgeführt wurde, das vor der Abstimmung eine klare Ablehnung der Initiative prognostiziert hatte. Damals wie heute wird die Richtigkeit der Angaben von den Zeitungen vorbehaltlos übernommen. Weshalb gerade die jetzige Umfrage mehr Wahrheitsgehalt haben soll, weiss niemand genau. Wieder wird die "repräsentative Studie", die unter einem Promilleanteil der Stimmbevölkerung durchgeführt wurde, in sämtlichen in- und ausländischen Medien als umfassende Nachbetrachtung veröffentlicht. Das führt mich unweigerlich zur Frage, die ich mir in solchen Fällen immer wieder stelle: Sind Zeitungen noch in irgend einer Weise glaubhaft? Oder wird einfach nur noch blind zusammenkopiert, was in irgend einer Agentur aufgeschrieben wird?
Bild: Claude Longchamp, Meinungsforscher von gfs.bern. Am 23. Oktober 2009 gibt er der Initiative im Interview mit der Tagesschau keine Chance: "es ist gelaufen", 53% sagen nein, nur 34% ja - er hat sich massiv geirrt.
Man möchte fast sagen: Ein Glück, wer den Pressestatus besitzt, der kann Bockmist schreiben soviel er will und die Menschen glauben es". Meinungsbildung nennt man das. Noch immer besitzt die Zeitung, den Status der "Vierten Macht", wie es in meinem alten Staatskundebuch noch drin steht. Dass eine Umfrage von einem Institut, das in seinen Prognosen immer wieder brutal daneben liegt, als bare Münze übernommen wird, unterstreicht den Verlust der Glaubwürdigkeit der Presse. Ein interessantes Szenario habe ich in diesem Zusammenhang letzte Woche bei der Landung des A380 in Zürich beobachtet. Die Medien haben nicht kritisch oder gar investigativ über das neue Flugzeug berichtet, sondern in ihren Zeitungen die vorgefertigten Häppchen weiter gegeben, die zusammen mit dem Apéro grosszügigerweise bereitgestellt wurden. Da waren nicht wenige Journalisten, die haben das Pressezelt keine Sekunde verlassen. Würde in der Pressemappe drin stehen, das Flugzeug sei pink- die hätten das so abgeschrieben.
Die Frage ist: Wie lange geht das noch gut? Sind die schwindenden Abonnentenzahlen, der Einbruch im Inseratevolumen von 20%, die immer dünner werdende Presselandschaft nicht ein Indiz dafür, dass der dumme Mittelstand mit Lehrabschluss sich doch nicht für so dumm verkaufen lässt? Ich habe noch mehr Fragen: Was will uns die Vox-Studie genau sagen, ausser einmal mehr, dass der Volksentscheid falsch war. Und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass gerade aufgrund der Sofortverbreitung durch die Medien, ein schlauer Zeitgenosse so eine Studie nicht ganz einfach manipuliert? Schliesslich hat man einen "Schaden" zu beheben, der die Abstimmung verursacht hat.
Für mich ist klar: Die Vox-Studie ist weniger Wert als das Zeitungspapier auf dem sie veröffentlicht wurde und die intellektuelle Schicht hinterfragt das Resultat keine Sekunde. Die Tatsache, dass kritische Fragen dagegen von einem Dummen mit Lehrabschluss gestellt werden, sollte der Elite doch zu Denken geben...
3 Kommentare:
Treffend formuliert! Nur! Wenn nicht die Medien die Meinung bilden, wer soll das dann machen?
auf den punkt gebracht!
die presse, so wie wir sie für die letzten 40-50 jahren konsumiert haben, wird es in 10-15 jahren nicht mehr geben. das sage ich mal voraus, ohne irgendwelches institut hinter mir :) ich sage auch voraus, dass solche plattformen in der zukunft mitbestimmend sind für die "presse" und die nachrichten. schön formuliert, goggi!
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