Donnerstag, 22. Januar 2009

Spam vom Weltbild Verlag

Wie der Weltbild Verlag mit Kundendaten umgeht und wie man gemeinsam mit der AIG Europe versucht, diesen 25 Franken für eine unnötige Versicherung abzuluchsen

Tempi passati Nach Rekordverlust ist AIG bei ManU als Sponsor ausgestiegen. Versucht man es jetzt mit unlauteren Methoden?
Aufdringliche Werbung von Postfach-Firmen sind wir uns ja gewohnt. Nun scheint die verzweifelte Suche nach Kunden aber auch rennomierte Firmen erreicht zu haben. Den Weltbild Verlag gibt es immerhin seit 25 Jahren, bei AIG handelt es sich um die weltgrösste Versicherung, die während der Finanzkrise aber arg ins straucheln geraten ist.

Angefangen hat alles mit einer Bestellung im Internet. Petra Suter (Name geändert) bestellte sich im November des vergangenen Jahres einen Familienplaner für das neue Jahr aus dem Weltbild-Katalog. Die Ware wurde geliefert und bezahlt. Mitte Dezember meldete sich ein Anrufer, der von einem "interessanten Versicherungsangebot für Weltbild-Kunden" berichtete und mit gewandten Worten Frau Suter solange bearbeitet hatte, bis diese einwilligte, ihr weitere Informationen per Post zukommen zu lassen. Sie solle sich "das Angebot in Ruhe und unverbindlich anschauen" hiess es, ehe sich der Mann am anderen Ende freundlich oder endlich verabschidete.

Das Telefonat war schon fast wieder vergessen, als kurz nach dem Jahreswechsel ein Brief ins Haus flatterte. Absender war die AIG Europe in Zürich, die sich im knappen Schreiben auf eine Weltbild AccidentCash plus / Police beruft:
Mit Weltbild AccidentCash plus gehen Sie sicher durchs Leben. Damit Sie weiterhin von diesem umfassenden Versicherungschutz profitieren können, erhalten Sie Ihre nächste Prämien-Rechnung (MONATLICH) ab 01.01.09

Bei Fragen rufen Sie uns ganz einfach an. Im Schadenfall und für alle anderen Fragen unter 043... . [...] Wir danken Ihnen für die Überweisung innert 10 Tagen [...]
Dem Brief war eine Rechnung über 25 Franken beigelegt. Ob es sich debei um eine Monatsprämie handelt kann aufgrund des schreibens nur angenommen werden. Gezeichnet war der Brief von Andy Dietschwiler und Tiziana Dante, die im Handelsregister als zeichnungsberechtigte Partner der AIG Europe aufgeführt sind. Frau Suter rief wie aufgefordert der Versicherung an, hatte aber weniger eine Frage, als vielmehr eine Bitte: "Ich wollte das nicht und bat die Dame die ich am Telefon erreicht habe, mir nichts mehr zu schicken", sagt Suter heute.

Irritierend: Im Brief ist von "weiterhin" und "nächste Rechnung" die Rede und das obwohl noch nie eine Versicherung bei der AIG abgeschlossen wurde. "Diese Dame am Telefon bestätigte, es reiche den Brief zu retournieren und die Sache sei erledigt", so Suter weiter. Doch Frau Suter fand nicht, sie müsse eine Sendung retournieren, die sie sich "unverbindlich anschauen" solle, wie es noch vor zwei Wochen am Telefon hiess.

Doch die AIG Europe beharrt wohl auf diese eigensinnige Auslegung und schickt Frau Suter eine Woche später erneut Post: Diesmal ist es ein dicker Brief im B4-Couvert, darin enthalten eine erneute Prämienrechnung über 25 Franken, eine Police auf der unmissverständlich steht, der Versicherte habe "binnen vier Wochen nach Empfangen der Urkunde deren Berichtigung zu verlangen, widrigenfalls ihr Inhalt als von Ihm genehmigt gilt". Im Begleitbrief - dieses Mal mit dem Briefkopf vom Weltbild Verlag - die Aufforderung, die Police innerhalb von 10 Tagen zu retournieren, falls man vom Angebot nicht überzeugt sei. Etwas zurückhaltender nun die Worte aus dem ebenfalls beigelegten Brief der AIG Europe: Diese spricht immerhin nur noch davon, dass die Versicherung nur dann "definitiv aktiviert" werde, wenn sie innerhalb der nächsten 14 Tage bezahlt werde. Trotzdem behauptet AIG auch, die Versicherte habe sich "für eine unkomplizierte und kostengünstige Versicherungslösung entschieden"

Frau Suters einzige Entscheidung aber war, sich unverbindliche Informationen zukommen zu lassen. Sie fühlte sich erneut nicht genötigt, noch einmal dem kostenpflichtigen Kundendienst anzurufen und warf den Brief dorthin, wo er ihrer Meinung nach am besten aufgehoben ist: Ins Altpapier.

Doch AIG Europe scheut keine Mühen und Kosten, um die 25 Franken doch noch irgendwie einzutreiben. In einer Zahlungserinnerung vom 15. Januar, also nur eine Woche nach der letzetn Rechnungsstellung, flattert eine Zahlungserinnerung ins Haus. Wieder behauptet die Versicherung, nur bei unverzüglicher Zahlung bleibe die Police weiterhin gültig und man bedanke sich für das in sie gesetzte Vertrauen. Doch von Vertrauen kann bei so einer "Masche", wie sie Petra Suter nennt, nicht die Rede sein. "Nicht auszudenken, wieviele Leute glauben, der Versicherung wirklich etwas zu schulden und einfach zahlen".

Ob die Versicherung dann auch etwas taugt, ist eine andere Frage. Der Versicherungswert beläuft sich auf gerademal 30'000 Franken. Erst in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen finden sich Hinweise, was die Police überhaupt versichert: Nämlich die Folgen eines Unfalls. Die AIG umschreibt sogar ziemlich genau, welcher Körperteil zu welchem Prozentsatz versichert ist: Ein Beckenbruch zu 100%, ein Unterkiefer zu 30%.

Dass diese Versicherung ein völliger Witz ist, dafür braucht man nicht einmal den Rat eines Experten. Einerseits decken die 30% von 30'000 Franken bei einem Kieferbruch so gut wie gar nichts. Ausserdem ist jeder in der Schweiz wohnhafte Bürger gegen die Folgen eines Unfalls bereits versichert. Die Prämie dafür wird über den Lohn bezahlt, Selbstständige und nicht Erwerbstätige müssen bei ihrer Krankenkasse versichert sein. Ich wage nun einfach mal die Behauptung, dass diese "Unfallzusatzversicherung" vollkommen unnötig ist und die Vorgehensweise und die Formulierungen der Korrespondenz, sowohl vom Weltbild Verlag als auch von der AIG Europe äusserst fragwürdig ist. Empfänger solcher Briefe, die keinen Vertrag unterschrieben haben, sollten auf keinen Fall eine Einzahlung leisten!

2 Kommentare:

Gaviota hat gesagt…

Oh ja,...genau dieses Thema hatte ich heute mit einem Bekannten. Wie viele Menschen fallen auf solche Dinge rein? Finanzoptimierer... Kredite ohne Bank mit 16% Zinsen...usw. und sofort.
Auch ich hatte die Tage einen Anruf...von wegen Gewinnspiel und jetzt müsste ich ja zahlen. Als der Anruf aufgezeichnet wurde sagte ich einfach nur: "Ich weiß nichts davon, dass ich irgendwo mitgemacht haben soll"...Klick...es wurde sofort aufgelegt!!!

Kessi hat gesagt…

Ich lege bei solchen Anrufen auch grundsätzlich sofort auf oder sage, ich bin selbst Mitarbeiter der Firma "soundso"... da erschrecken die meisten :) Callcenteragenten und sie legen auf! Guter Trick!

Hab auch einige Zeit in 2 Callcentern gearbeitet, da herrscht grosser Druck und viele Agenten versuchen auf diese Weise, ihre Prämien zu sichern, weil die wenigsten Menschen, dem "angeblich abgeschlossenen" widersprechen.....

Ein Thema über das ich referieren könnte!!!

Ganz liebe Grüße Kessi