Montag, 15. September 2008

Fussball-Diktatur Schweiz

Bundesrat Samuel Schmid soll eine Menge Prominenz an einen Runden Tisch gerufen haben, die über mehr Sicherheit in Sportstadien beraten sollten. Raus gekommen ist ein Papier, das heute teilweise im "Tagesanzeiger" veröffentlicht wurde. Fazit aus der Sicht eines gewöhnlichen Fussball-Fans: Da sassen lauter Hohlköpfe am Tisch!

Unglaubliches ist der Zürcher Tageszeitung zu entnehmen: Wenn es nach den "Experten" geht, sollen künftig alle Stadionbesucher einen Fan-Pass mit Bild und persönlichen Daten auf sich tragen. Dieser soll den reinen Leumund des Besitzers beweisen. Wer nicht freiwillig einen Pass löst, zahlt mehr für Getränke und was noch schlimmer ist: er wird zum Vornherein als potentieller Gewalttäter abgestempelt - egal ob dieser einfach keine Lust hat, seine Daten an jeder Ecke preis zu geben, oder ob er einfach ein Besucher ist, der zum ersten Mal ins Stadion geht. Die Fans sollen ausserdem weiträumig per Video erfasst werden.
"Die Zuschauer werden vor, während und nach Spielen von biometrischen Systemen erfasst und die so gewonnenen Bilder mit den Informationen in der Hooligandatenbank und Videoaufzeichnungen verglichen."
Tagesanzeiger
Als äusserst befremdend hält dieses Vorhaben Marcel Studer, der Datenschutzbeauftragte der Stadt Zürich. Auch Hanspeter Thür, der auf eidgenössischer Ebene für die Datensicherheit zuständig ist, wird in seinem Bericht kaum vor Begeisterung strotzen. Dieser erscheine aber erst in einer Woche, so der "Tagesanzeiger" weiter, und Thür wollte sich zu diesem Fall noch nicht äussern. Um so mehr dürfte noch mancher die Stirn runzeln, weil die fehleranfälligen Daten nicht nur unter den kantonalen Polizeiorganen ausgetauscht würden, sondern die Bilder und Namen auch Vereinen und privaten Sicherheitsorganen zur Verfügung stehen.

Fehlerhaft deshalb, weil ein Versuch im Berner Eishockey-Stadion zeigte, dass die Fehlerquote bei der elektronischen Erkennung von Gesichtern sehr hoch war. Was aber noch viel nachdenklicher stimmt: Die Hauptbetroffenen der vorsorglichen Datensammlung, nämlich die Vereine, Stadionbesitzer und wenigstens die Vorsteher von Fan-Projekten hörten auf Anfrage des "Tagesanzeigers" das erste Mal von solch haarsträubenden Massnahmen. Dass die diese von "staatlichen und privaten Stellen und Organisationen" beschlossen wurden bedeutet aber noch lange nicht, dass diese was taugen. Wahrscheinlicher ist, dass die Mehrheit deren Mitglieder noch nie in einem Sportstadion einer Mannschaft nachgeeifert hat.

Sollten sich die diktatorischen Massnahmen durchsetzen, müssen wir künftig damit rechnen, an einem Fussballspiel auf Schritt und Tritt beobachtet zu werden. Wer alkoholisiert ist, oder ohne im Besitz eines Fan-Passes zu sein, den Schiri lauthals als Arschloch betitelt wird abgeführt, fotografiert, des Stadions verwiesen und in einer Randale-Datenbank festgehalten.

Immer wieder ist man bemüht zu sagen, dass die Chaoten nur einen Bruchteil der Fans in einem Stadion ausmachen. Bis auf wenige Ausnahmen, findet die Randale denn auch ausserhalb des Stadions statt. Die geplanten Massnahmen stehen in keinem Verhältnis zu dem, was man in einem Stadion machen will: Seiner Mannschaft nacheifern, feiern, johlen, auch mal "Scheiss-Luzern" rufen. Doch auch Letzteres führt in Zukunft zur Verhaftung, denn Fans werden nicht mehr durch Sektoren getrennt, sondern sollen in einem freundschaftlichen Miteinander durchmischt werden...

Noch einmal zu meinem Fazit: Lauter Hohlköpfe, die unser Sportminister da zusammengetrommelt hat. Hintergrund dieser Hetzkampagne gegen Fans ist einzig und allein, dass aus den Publikumsmagneten Fussball und Eishockey, Veranstaltungen fürs dicke Portemonnaie gemacht werden, bei denen man geordnet und emotionslos nebeneinander hockt und als höchstes der Gefühle zwischendurch klatschen darf. Die Fan-Kultur, das Ambiente und die Stimmung werden schlicht aus dem Stadion vertrieben . Und nur das kann die Absicht solcher Massnahmen sein. Fehlt nur noch Thomas Gottschalk, der durch den Abend führt...

Weitere Links: 3 sehr lesenswerte Artikel beim fcz-watchblog

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die kommentarflut beim tagi online ist eindrücklich

http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/Fans-auf-Schritt-und-Tritt-ueberwachen/story/24376264

Anonym hat gesagt…

ich frage mich woher der FCZ-watchblog das Detailkonzept und das Sitzungsportkoll herhaben will...

Anonym hat gesagt…

Aber das wundert Euch doch nicht wirklich? Da sind bereits jetzt bestrebungen im Gange, das in diversen Stadien probehalber einzusetzen.... Mal abgesehen davon, dass es auch ohne Kamera geht. mit dem neuen RFID-Chip in den biometrischen Pässen kann ein Ausweisträger einwandfrei überwacht werden.... Mit Konsumgütern geht es ja auch ohne Probleme.

Für mich ist es darum auch klar, dass ich das Referendum gegen die biometrischen Ausweise unterstütze!