Die Schweiz steckt gerade in einer Wurst- und Milch-Krise. Die Milchbauern möchten für einen Liter des weissen Goldes 10 Rappen (6 Cent) mehr verdienen, während die Wurstverarbeiter die Zeit fürchten, in der es keine brasilianischen Rinderdärme mehr geben wird, die für die Produktion der Schweizer Nationalwurst unabdingbar sind.
Nun zeigt sich anhand dieser beiden urschweizerischen Grundnahrungsmittel, dass entgegen anderslautenden Behauptungen Essen und Politik eben doch zusammengehören. Die Milchbauern treten für die Durchsetzung ihrer Forderung nämlich in den Streik und schütten die Milch in die Kanalisation oder verschenken sie direkt ab Kuh, während die Fleischverarbeiter der Schweiz den Verlust einheimischen Kulturguts prognostizieren.
Weil sich inzwischen das Theater um die Doch-, oder Halb-, oder Ganzuundgarnicht- SVP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf etwas gelegt hat und auch sonst keine Dilemmas an internationalen Eurovisions-Contests zu befürchten sind, ist die Wurst- und Milch-Krise für Politiker im wahrsten Sinne der Worte ein gefundenes Fressen.
Dabei interessiert es - wieder im wahrsten Sinne des Wortes - keine Sau, dass die Würste des Anstosses zum Beispiel in der Migros, innerhalb eines Jahres satte 30% teurer geworden sind. Ein Pärchen Cervelat kostete im Februar 2007 Fr. 1,90 - heute schon einen 2 Franken 60. Die Konsumenten haben das ohne Murren geschluckt, schliesslich handelt es sich hier um ein Stück Nationalidentität. Die Milch hat es da anscheinend schon schwerer: Noch vor zwei Wochen entschieden die beiden Grossverteier, den Verkaufspreis der Milch um 10 Rappen (Migros), respektive 5 Rappen (Coop) zu reduzieren. Dies nahm kaum einer zur Kenntnis, nicht einmal der Blick, der ist ja gerade damit beschäftigt am Abend gratis zu erscheinen.
Man erlaube mir deshalb den hier gänzlich unpassenden aber aktuellen Hinweis auf die bald im Goggiblog erscheinende Kolummne "Daily BlaA bla" zu erwähnen, wobei "BlaA" "Blick am Abend" bedeutet und "bla" einfach "bla" heisst und als Ganzens als eine Anspielung auf das in der Vorgängerpublikation "heute" erschienene "Daily Blogging" zu verstehen ist.
Zurück zur Milch. Während die Wurst also massiv teurer geworden ist, tun sich Politik und Produzenten unheimlich schwer damit, auch dem gesunden Saft ihre Wertschöpfung zu erhöhen und den Bauern ein Minimum an Exsistenzwillen zu lassen. Tatsächlich lohnt es sich schon lange nicht mehr Bauer zu sein, was zum Beispiel Autofahrern auf der A1 bei Baden klar werden muss. Statt einem Weizenfeld präsentiert sich dem Durchfahrende nämlich ein riesiger Reebok-Schriftzug. Schon im letzten Jahr verzichtete ein Bauer auf die Produktion von Getreide und schnitt ein "agri.ch" in den Acker. Angesprochen auf seine Beweggründe sagte der Bauer damals, er verdiene einiges mehr mit der Werbung, als wenn er um jeden Rappen Ertrag feilschen müsse.
Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, ehe die Milch zu Werbezwecken grün eingefärbt wird um die SVP zu portieren. Dem Maiskolben wird ein Gen verpasst, durch welches einzelne Körner umgefärbt werden und ein oranges M für "Migros" erscheint. Zuletzt wird der Gülle Channel No. 5 beigemischt und Kühe aus Plastik in die Innenstadt von Zürich gestellt. Als Werbeträger für Fleisch versteht sich - sicher nicht für Milch...
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