Samstag, 30. Juni 2007

Idioten, 1. Teil


Die Entdeckung des Idioten

Meine Suche nach dem vermeintlich grössten Idioten, wenigstens dieser Umgebung, artete zur Suche im Heuhaufen aus. Nicht dass sich die Spezies, wie eine Nadel, darin allzu gut tarnen würde, nein, es ist viel mehr so, dass man vor lauter Idioten die Idioten gar nicht mehr findet. Im übertragenen Sinne könnte man von einer Suche nach der Nadel im Nadelhaufen sprechen. „Wir leben in einer Demokratie. Das ist lateinisch und bedeutet: Jeder Idiot darf mitreden“ diese Aussage – vermutlich eines Idioten – weist schon ziemlich deutlich auf die verbreitete Erscheinung der Halbschlauen hin. Tatsächlich begegnen uns täglich so viele Idioten, dass wir sie gar nicht mehr zur Kenntnis nehmen. Im Gegenteil: Wir akzeptieren ihr Dasein wie Hundescheisse auf dem Trottoir, oder nasenbohrenden Rotzbälgern gegenüber im Tram. Was ja nicht so schlimm wäre, wenn dem Jungen Mann nicht grad die Cocktail-Sauce aus dem Kebab getropft wäre, die er mit dem gleichen Finger aufwischt, der eben noch in der Nase steckte und diesen dann abschleckt. Und die Restmenge auf dem Tramhocker verstreicht er erst noch mit dem Hosenboden, was vermutlich vor ihm auch schon andere auf diesem Hocker gemacht haben, mit weitaus unappetitlicheren Rückständen, wie ich befürchte.

Woher kommen aber diese Armleuchter? Wo liegt ihr Ursprung?

Die Vermutung liegt nahe, dass es Idioten schon seit Menschengedenken gibt. Tatsächlich befassen sich Wissenschaftler schon seit vielen hundert Jahren mit dem weit verbreiteten Phänomen. In den 1920er Jahren wurde einem Mensch mit einem IQ unter 30 Idiotismus diagnostiziert. Wer an Grimm-Märchen glaubt, muss davon ausgehen, dass selbst Adam und Eva Idioten gewesen sein müssen, anders lässt sich das Weiterbestehen der Verhütungsverbotfanatiker nicht erklären. Die Anhänger der einen Glaubensrichtung allerdings als Deppen abzustempeln ist auch verfehlt, schliesslich haben sie es bisher zum Beispiel vermieden, in Hochhäuser zu fliegen, was ja auch ziemlich idiotisch ist.

Kultur, Auftreten und Werdegang


Vertrauen wir also der These, Idioten seien eine Erfindung der griechischen Mythologie und betrachten wir das Idiotentum mal aus unserer zeitlichen Perspektive: Bitte erhebe dich jetzt und schau dich um. Laut neusten Erhebungen vom Bundesamt für Statistik, ist heute mindestens jeder zweite Mitbürger im Erwachsenenalter ein Idiot (siehe Grafik). Davon ausgehend, der Leser dieses Blogs betrachte sich selber nicht als Idioten, müsste die erste Person in Ihrem Blickfeld eigentlich eine Flachbirne sein. Vielleicht irritiert diese Vorstellung, seit Jahren mit einem oder mehreren Idioten zusammen gearbeitet zu haben. Noch schlimmer, wenn der PC zu Hause steht und man mit der einzigen Person im Raum auch noch verheiratet ist. Und was, wenn sonst niemand da ist? Ist man dann selber der Depp? Oder ein halber Idiot? Geht das überhaupt? Die KOSA-Initiative konnten wir ja auch nicht nur halb ablehnen. Geht da Recht vor Vernunft? Ist man im Zweifelsfalle immer das Arschloch?


Dafür spricht, dass man schon um 4 Uhr morgens mit dem Idioten konfrontiert wird, der dem einzigen Abonnenten der Süddeutschen Zeitung in der Schweiz, diese mit Tempo 60 rückwärts durch die Einbahnstrasse plochend zustellt und dabei das ganze Quartier weckt. Kaum eingeschlafen, knallt auch schon der Frühzusteller der NZZ die Briefkastentürchen zu, so als Hinweis, dass bis zum idiotischen Gequake des Weckers nur noch eine halbe Stunde bleibt. Eine weitere halbe Stunde nach dem Aufstehen: Die erneute Konfrontation mit dem Frühzusteller, der ausgerechnet in dem eigenen Kasten keine Zeitung eingeworfen hat und dem Pöstler, der einem gerade die Post vom Nachbarn in die Finger drückt.
Nun sind sie endgültig alle wach, die Idioten. Jene, die vor der Ampel auf ein Nochgrünerwerden warten, und auch die, die als erste ins Kafi trampen und dir die einzige NZZ, sowie beide Tages Anzeiger wegschnappen, für den Kollegen, der in einer halben Stunde dann auch noch kommt. Vielleicht. Der Kellner erweist sich ebenfalls als Schmalhirn, weil er trotz anderslautender mündlicher Vereinbarung auch heute ein Capuccino statt eine Schale bringen wird. Der Bürokollege hat aus Versehen alle Computer im Geschäft zum Absturz gebracht, während dem die Putzfrau die Sicherheitsausdrucke bereits am Vortag dem Schredder zugeführt hat. Die Kaffimaschine ist zwar immerhin nicht kaputt, aber ein Scherzkeks hat gestern seinen Kaugummi in den Münzschlitz gesteckt, wahrscheinlich im Vorfeld des entstandenen Chaos’, anlässlich der Studentenparty die hier stattgefunden haben muss. Oder der Notschlachtung einer BSE-Kuh - man sieht da keinen Unterschied.

Aus meiner offiziellen Doktorarbeit "Idioten" - Fortsetzung folgt.

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