Freitag, 25. Januar 2008

Ein schwieriges Alter

Vor ein paar Tagen wurde ich ungewollt Ohrenzeuge wie eine Mutter über ihren Nachwuchs zu sprechen kam. Ihr Sohn verliess eben das Haus, mit einer überdimensionalen Dächlikappe auf dem Kopf, viel zu weiten Hosen und offenen Schnürsenkel. "Sie haben es halt nicht leicht" sagte sie und schaute dem 13jährigen nach. "Der Druck in der Schule und eine Lehrstelle hat er auch noch nicht"

"Jaja" sagte ihre Gesprächspartnerin und offen gestanden wüsste ich auch nicht viel anderes zu sagen, hätte sie nicht noch "er ist halt in einem schwierigen Alter" angefügt. Kopfnicken bei ihrem weiblichen Gegenüber, die nun ihrerseits zur verbalen Verurteilung der Jugend ausholte. "Meiner schreit so viel in letzter Zeit und er ist so gereizt. Ich glaube er hat Probleme im Kindergarten"

Ich glaube einen verwunderten Blick gesehen zu haben, aber nicht lange, denn wiederum nickten die beiden einander an: "er muss sich eben durchsetzen können." - " Ja, ist halt ein schwieriges Alter" - "Eine Lehstelle hat er auch noch nicht" wiederholte die erste Frau vorwurfsvoll, worauf von der anderen eine schnelle Handbewegung folgte, ein Abwinken "hör mir auf, auf das freue ich mich jetzt schon". "Er will Bauzeichner werden" - "Der Junge von meiner Schwester hat Bauzeichner gelernt. Aber er hat abgebrochen und stempelt jetzt" - "Ja die Jungen haben es schwer im Arbeitsmarkt" - "Schon, aber er ist auch kein Einfacher. Man müsste sich halt mal reinklemmen. Er fängt immer was an und macht es nicht fertig" - "Das kenne ich. In dem Alter weiss man nicht was man will"

Ich weiss schon gar nicht mehr, wer was gesagt hat. Doch es lag in der Luft. Wie eine leichte Brise näherte es sich den beiden Frauen. Es war unausweichlich. Es musste einfach kommen:

"Er ist halt auch in einem schwierigen Alter"

Dies veranlasste mich nun doch, wieder aus dem Fenster zu schauen und dem Dargebotenen meine ungeteilte Aufmerksamkeit zu widmen. Schliesslich redeten die beiden, vielleicht knapp 40jährigen Frauen, nicht in Wohnstrassenlautstärke, sondern lauter. Ausserdem rauchten beide, was keiner besonderen Erwähnung bedurfte, wenn nicht beide - praktisch zeitgleich - die Kippe auf den Boden warfen und mit je einem Hausschuh diese ausdrückten. Die eine schickte sich sogar an, mit einer Fussbewegung den Filter dem Nachbarn zuzuschieben, als ihr wohl gerade klar wurde, dass diese vor ihr stand und hat die Kippe einfach da liegen gelassen. Wenig später gesellte sich ein Mann zu den beiden, aber nicht lange, sondern er ging deutlich enerviert - warum auch immer - ins Haus, worauf sich die eine der beiden Frauen, wohl die Angetraute, genötigt sah, ihre doch eher legère sitzenden Klamotten zurecht zu ziehen und dem Mann ins Haus zu folgen, wo es zu einem Streit kam, ebenfalls nicht in Wohnzimmerlautstärke.

Ich setzte mich wieder hin, tat so als hätte ich nichts gehört und dachte mir: "Ja, ist halt ein schwieriges Alter."

3 Kommentare:

Rick hat gesagt…

Beim Lesen der Überschrift dachte ich instinktiv an den Papa von Renato... ;)

Gaviota hat gesagt…

Eine Lehrstelle mit 13??? Wo gibt es sowas?
Es gibt kein schwieriges Alter... Ich denke das ist die Suche nach einer Entschuldigung. Aber warum muss man sich für die Kinder entschuldigen? Vielleicht spiegeln sie auch eigenes Verhalten wieder?.
Mein ältester Sohn wird im März 14 ... er wird langsam zum Mann. Er bekommt einen Schnäuzer, seine Stimme verändert sich nach und nach und er sagt mir jeden Tag, dass er mich liebt...Manchmal, ja manchmal tickt er aus wenn ihm was nicht passt, aber das tun wir doch alle schonmal! Auch der 11-Jährige und der 6-Jährige und ich...die 35-Jährige!
Sind wir jetzt alle in einem schwierigen Alter?? *stutz*

Anonym hat gesagt…

Kids die mir 13 keine Ahnung haben was sie machen wollen wissen es mit 16 auch nicht