Ja, auch Goggi hat dieser Tage viel Fernsehen geguckt und einiges mit Erstaunen zum ertsen Mal seit dem Mauerfall mitbekommen. Zum Beispiel, dass die Öffnung der Grenze am 9. November 1989 ein Irrtum war. Eigentlich hätte die Öffnung erst tags darauf im Rundfunk mitgeteilt werden sollen. Weil SED Funktionär Günter Schabowski in der Erklärung der Regierung aber keine Zeitangabe fand, wann denn nun die Tore geöffnet würden, sagte er einfach "sofort".
Die Geschichten rund um die Wende verfolge ich mit Interesse, denn ich habe die DDR ein Jahr vor dem Mauerfall im Oktober 1988 bereist. Der Stempel in meinem Reisepass ist wie ein Zeitzeuge, eine Art Beweis, dass ich einen Teil der Weltgeschichte erlebt habe. Wir durften ins Land, weil der FC Aarau damals im Europacup spielte und auf Lokomotive Leipzig traf. Ich habe das Bild beim Grenzübergang Hirschberg noch genau vor Augen. Zwei grimmige Beamte schritten durch unseren Reisebus, nachdem man uns instruiert hatte, unauffällig zu wirken und einfach ruhig zu bleiben. Irene war es, ganz zu hinterst im Bus, die ob der ungewohnten Situation laut herauslachte und wir alle fanden uns wieder in Reih und Glied vor dem Fahrzeug, während die Beamten unseren Bus aus dem Westen filzten.
In Leipzig angekommen, hatten wir einen Pflichthalt beim "modernsten Hotel der Stadt" einzulegen, wo uns ein Mittagessen serviert wurde - bestehend wahrscheinlich aus Kartoffelpurée und Erbsen, dazu eine Schuhsohle und ein Glas DDR-Cola, von der wir vermuteten, sie werde aus der Pleiße oder der örtlichen Kloake gewonnen. Es folgte eine Rundfahrt, bei der uns die Sehenswürdigkeiten der Stadt gezeigt wurden - gerade viele waren es nicht und ich erinnere mich gut an die düsteren, fast schwarzen Fassaden der grossen Häuser. Das Spiel gegen die Lokomotive Leipzig fand dann in einer Sportplatz mit Holzribüne statt und ging kläglich verloren. Begleitet wurden wir von einer etwa 200-köpfigen Polizeieskorte, wobei niemandem klar war, ob man Angst vor Randale hatte, oder Kontakt zur Bevölkerung vermeiden wollten.
Zu Kontakten kam es dann doch. Bei einem Halt in der Stadt flitzen einige Leipziger um die Ecken und zappelten vor den fremden Schweizern herum. Einer sagte, er höre Schweizer Radio und Sie wollten Schals tauschen und brachten Zeitungen und Magazine mit. Von einem "Uwe" (dessen Name ich inzwischen leider vergessen habe) erhielt ich die Adresse und man schrieb sich nach dem Spiel noch einige Male. Darin fand sich kaum ein kritisches Wort über die Lebensweise in der DDR. War das nun Zurückhaltung im Wissen dass der Staat mitliest, oder waren die Ossis mit ihrem Leben doch zufrieden?
Wie auch immer. Ich weiss nach einem neuerlichen Besuch in Leibzig vor zwei Jahren, dass die Stadt heute eine ganz andere ist. Die Erinnerung an die Erlebnisse und an die für damalige Verhältnisse abenteuerliche Reise führt dazu, dass ich bei den Geschichten um die Wiedervereinigung immer ein, zwei Ohren offen behalte. Ich war seither schon ein paarmal im Osten Deutschlands, der in paar interessante Ecken borgt. Kennt jemand Pirna bei Dresden? Strausberg im Osten Berlins? Die haben übrigens eine gute Küche!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen