Mittwoch, 18. November 2009

Fan-Talk mit Martin Andermatt

Am vergangenen Montag trafen sich 36 Fans mit dem aktuellen Trainer des FC Aarau, Martin Andermatt. Die Gesprächsrunde war sehr lebhaft, interessant und Herr Andermatt freundlich und aufmerksam. Eine Zusammenfassung nicht nur für mein Archiv.

In ein paar Sätzen das, was mir von Andermatts Aussagen geblieben ist: Martin Andermatt ist ein sehr positiv denkender Mensch. Er bedankte sich bei jeder Frage und lobte die Aufmerksamkeit, die zu dieser oder jener Frage geführt hatte. Tatsächlich fiel einer Zuhörerin auf, dass bei Eckbällen die Zuordnung geändert habe, was Andermatt bestätigte und fachkundig zu begründen wusste. Auch Anregungen nimmt Andermatt entgegen, so zum Beispiel die Anregung, die Mannschaft des FC Aarau solle sich vor dem Spiel doch auf der linken Spielfeldseite aufwärmen statt an der rechten, wo die gegnerischen Fans sind. Wenigstens im mentalen Bereich könnte das doch ein Vorteil sein. Immer wieder portierte der Trainer die positive Denkweise. Es bringe doch nichts - auch als Zuschauer - mit der Einstellung an ein Spiel zu kommen, man habe sowieso keine Chance. Folgt anschliessend eine Niederlage, werde man nur negativ bestätigt, man hätte es ja immer gewusst. ""Macht Euch eine negative Bestätigung glücklich?". Tatsächlich sei der Jubel nach dem 3:3 in Xamax riesengross gewesen, er aber sei über das Resultat enttäuscht gewesen. Andermatt bringt seinen Spielern Wintermentalität bei, was einiges an Arbeit und Zeit erfordere. Dieser Prozess sei aber notwendig und fruchte möglicherweise erst im Frühling, doch die Wirkung werde dann um so nachhaltiger sein.

In der Presse konnte man lesen, dass Andermatt eine Liste erstelle, welche Spieler Suppenleague-Tauglich seien und dass nichtgenügende Spieler gehen müssten. Lauscht man den Worten Andermatts erkennt man, dass in dieser (wie in fast jeder) Pressemeldung immer auch viel Interpretation des Journalisten steckt (oder Interessen des Verlags oder Weisungen der Redaktion). Tatsächlich hat Andermatt dem Vorstand einen Bericht vorgelegt. Dieser sei aber nur eine Momentaufnahme. Andermatt gebe jedem seiner Spieler eine Chance sich im Training und im Spiel zu steigern. Letztlich entscheide das Potential, also die Fähigkeit und der Wille sich zu entwickeln. Natürlich hat der Trainer keinen einzigen Namen genannt. Im Moment verfüge er über die besten Spieler die da sind, andere habe er nicht und mit diesen Leuten die da sind, will er das Beste erreichen, auch gegen Zürich und Luzern. In diesen Spielen müssen laut Zielsetzung vor ein paar Wochen eigentlich sechs Punkte her. Solche Zielsetzungen dienen aber nicht in erster Linie dazu, über Sein oder Nichtsein zu entscheiden, sondern geben den Weg vor, welche Massnahmen man treffen muss. Fehlen Punkte muss man genau so handeln, wie wenn man mehr Punkte als gefordert hat - nur an anderer Stelle. Zurück zum Personellen: Dass in der Winterpause sich das Gesicht der Mannschaft ändern könnte, liess Andermatt offen und Namen wurde wie erwähnt kein einziger genannt. Der Aufwand den Andermatt für dieses Amt auf sich nimmt (den Lauftrainer Hans Tanner hat er z.B. aus dem eigenen Sack bezahlt) lässt aber darauf schliessen - soviel zu meiner bescheidenen Einschätzung - dass Andermatts Einfluss auf personelle Veränderungen weit grösser ist als man allgemein annimmt. Aber auch Andermatt ist sich natürlich ob der finanziellen Lage im Klaren.

Jemand fragte, warum Loris nach dem tollen Debüt in Xamax gegen St.Gallen nicht wieder eingesetzt wurde. Zum einen war der Ersteinsatz bewusst in einem Auswärtsspiel geplant, damit der junge Mann mit dem Druck besser zurecht kommt. Das schliesst mit ein, dass Loris nach dem gestiegenen Interesse der Öffentlichkeit einschliesslich überbordenden Erwartungen und einigen Presseterminen usw. nicht schon im zweiten Spiel am Druck zerbricht. Eine grosse Qualität Andermatts ist es als ehemaliger Lehrer, sich mit den Besonderheiten bei der Arbeit mit jungen Spielern auszukennen. Bei YB sei darüber hinaus jeder im Trainerstab Götti einer Juniorenmannschaft gewesen und sei einmal in der Woche beim Juniorentraining dabei gewesen. Das verbinde, man lernt die jungen Spieler kennen und schaffe eine vertraute und positive Atmosphäre. In den anstehenden Testspielen werden einige Junge zum Einsatz kommen - auch dass keine Massnahme um die Mannschaft im nächsten Spiel umzustellen, sondern um jungen hungrigen Spielern zu zeigen, welches das Ziel sein könnte.

Ob so viele Arbeiten, Familie mit drei Kindern überhaupt unter einen Hut zu bringen seien, wollte jemand wissen. Er sei 24 Stunden Trainer, sagt Andermatt und einige Nächte habe er sehr wenig geschlafen. Selbst ohne Anstellung bei einem Verein sei er täglich daran, sich weiter zu entwickeln und sich über jede Regung im Fussball zu informieren. Das sei für seine Arbeit wichtig und seine Familie ist dank Offenheit und Ehrlichkeit eine starke Einheit geworden. An dieser Stelle offenbart sich der kluge und aufmerksame Andermatt: Der sher gute und besonnene Moderator packte in seine Frage sieben Unterfragen, an die sich der Befragte allesamt erinnerte und diese beantwortete. Man wünschte sich öfter ähnlich interessierte Menschen.

Bei all seinen Ausführungen hört man heraus, dass Andermatt kein Feuerwehrmann ist. Seine Projekte sind langfristig ausgerichtet, sind bis ins kleinste Detail geplant, haben Hand und Fuss - und brauchen Zeit, bis sie greifen. Immer wieder appelliert er an eine positive Denkweise. In einem einfachen Beispiel zusammengefasst: Es soll nicht heissen: "wir waren schlecht", sondern: "das machen wir besser" - es seien kleine Schritte und jedem sei viel mehr gedient, wenn er an seine positiven Qualitäten erinnert werde und nicht an alle Fehler die er begangen hat. Das ist im beruflichen Leben jedes Zuhörers im Raum nicht anders, fügt er an. Was vorbei ist, liegt nämlich weit zurück und kann nicht mehr verändert werden, das was vor uns liegt schon. Auf die Frage aus dem Publikum, warum er in einem Spiel vor drei Wochen Stojkov nicht habe spielen lassen, antwortete Andermatt: "Genau. Dieses Spiel liegt drei Wochen zurück." nach einer kleinen Pause: "Das ist meine Antwort. Das Spiel liegt drei Wochen zurück."

So, das war im Wesentlichen, was hängen geblieben ist. Bei wirklichem Interesse kann man sich an den U18-Trainer wenden, der hat alles aufgeschrieben.

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