Die Täterschaft, die im Juli vergangenen Jahres in Aarau den damals 19-Jährigen Nicky Hoheisel verprügelt und schwer verletzt liegen gelassen hat, wird voraussichtlich des Totschlags angeklagt. Der Obduktionsbericht der Universitätsklinik in Bern, der für die Anklageerhebung nötig war, ist endlich fertig. Der Grund für die Verzögerungen ist bei den Aargauer Behörden zu suchen, die den Fall verschleppt haben.
Vor einem Jahr lag Nicky Hoheisel im Kantonsspital, nachdem er zuvor in eine Schlägerei bei der Kettenbrücke in Aarau geriet. Am Boden liegend traten seine Peiniger weiter auf ihn ein und liessen ihn einfach liegen. Am 25. September 2007 starb Nicky an einem Aneurisma, einem verdickten Blutgefäss im Kopf. Dies ergab die Untersuchung der Rechtsmedizinischen Abteilung der Uni-Klinik in Bern, welche die Leiche schon vor langer Zeit obduzierte. Um abschliessend urteilen zu können, woher das verdickte Blutgefäss kommt, brauchte die Uni zum Vergleich der Daten, Unterlagen aus dem Kanton Aargau. Hier hatte man es aber offensichtlich nicht so eilig. Gemäss einem Bericht von DRS 1 bedingte es dem vehementen Einsatz von Uni-Direktor Ulrich Zollinger, ehe die Aargauer Behörden sich Mitte Juli 2008 (!) der Angelegenheit annahmen. Später sollte das Bezirksamt zugeben, es sei nicht alles reibungslos gelaufen. Wer die Sache monatelang verschlampt habe und warum, wollte aber niemand mehr wissen.
Der Vergleich war hinsichtlich der Anklageschrift gegen die Täterschaft wichtig. War das Aneurisma vor der Schlägerei schon da, hätte die Anklage "Raufhandel" gelautet, was höchstens für eine Busse zur Folge gehabt hätte. Das Ergebnis der Untersuchungen hat nun aber ergeben, dass die Hirnverletzung durch einen Fauschlag an jenem Abend verursacht wurde. Die Täterschaft wird nun des Totschlags angeklagt, was mit bis zu 10 Jahren Zuchthaus bestraft werden kann.
Gegen das Vergessen
Ein Nachbarsjunge erzählte mir vor kurzem, dass man in der Stadt Baden an Wochenenden und nach 22 Uhr aufpassen muss. "Besonders zwischen Mc Donalds und dem Brunnen" Zwei, drei Schlägereien pro Abend seien normal.
Nein, das ist nicht normal. Politiker und Behörden sind gefordert, auch heute noch, über ein Jahr nach der Tat alles daran zu setzen, dass man sich einigermassen Sicher durch die Starssen bewegen kann. Auch wenn die Paragraphenreiter die Täter davon kommen lassen sollten: Wir dürfen nicht vergessen. Was mit Nicky geschehen ist, darf nie wieder passieren. Und dazu braucht es etwas mehr, als Dokumente monatelang zurückzuhalten. Hier steht das Aargauer Bezirksamt in der Kritik, dem es anscheinend nicht wichtig war, den Fall auszuklären. Mit gutem Beispiel voran, geht Nickys Mutter. Mit der Internetseite for-nicky lanciert diese eine Plattform, auf der einerseits die Ereignisse um Nicky gesammelt werden, andererseits Lehrkräften, Sozialarbeitern und Interessierten Arbeitsblätter zugänglich gemacht wird, die sich mit dem Thema Jugendgewalt auseinander setzt. Taten statt Worte. Ein Grundsatz, dem man nun auch als Aargauer Behörde nachgehen kann.
Bild: Tatort Kettenbrücke Aarau
2 Kommentare:
Wer ist die "Täterschaft"??
Ein Anonymer, der die Identität anderer erfahren möchte. Hmmm...
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