Dienstag, 20. Mai 2008

Notte bianca a Bellinzona

Erstmal: Lieben Dank dem Tessiner Fernsehen, dass wir auch ohne Pay-TV das Entscheidungsspiel zwischen St.Gallen und Bellenz sehen durften. Nach dem Aufstieg der AC Bellinzona hält der Schweizer Fussball aber noch ein paar weitere Besonderheiten bereit, die es wohl nur hierzulande gibt.

18 Jahre nach dem Abstieg in die damalige Nationalliga B katapultiert sich die ACB mit Wucht in die Super League. Nüchtern betrachtet, steigt der Barrage-Gegner St. Gallen zurecht ab. Eine Feststellung, die auch die Fans des traditionsreichen Ostschweizer Clubs so gemacht haben dürften. Was sich nach dem Spiel im Espenmoos abspielte wird kaum einen Sensations-Journalisten vom Hocker reissen. Ich dagegen finde das äusserst bemerkenswert: Die Fans des FC St.Gallen blieben absolut friedlich. Nicht einmal ein Zaun wurde eingedrückt und auch keine Stühle demontiert. Nicht ein einziger Zuschauer versuchte das Spielfeld zu betreten und von Schlägereien war bis zur Stunde nichts zu hören. Schlägereien und Sachbeschädigungen gab es dann aber leider doch. 100'000 Franken Schaden, 59 Verhaftete, 7 Verletzte. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle, jenen Fans des FC St.Gallen, die sich da rausgehalten haben - allen anderen mögen wir den Absteig von herzen gönnen.

So viel unerwartete Friedfertigkeit kann die Boulevardpresse ganz schön irritieren. Durch den Aufstieg des Cupfinalisten stellt sich aber noch eine weitere Kuriosität ein, die wahrscheinlich nur im Schweizer Fussball möglich ist. Beide Aufsteiger, neben Bellinzona der FC Vaduz, spielen in der kommenden Saison im Uefa-Cup! Bellinzona erbt den Platz vom FC Basel, der als Gewinner des Doubles in der Champions League spielt, Vaduz ist als Sieger des Lichtnsteiner Cups ebenfalls - und aufgrund fehlender Konkurrenz - quasi von vornherein qualifiziert.

Die beiden Aufsteiger könnten aber unterschiedlicher nicht sein. Während die Menschen im Ländle vom historischen Coup ihres Dorfvereins kaum Notiz nahmen, wird auf der Piazza del Sole zu Bellinzona ausgiebig gefeiert. In der Euphorie versprechen Politiker den sofortigen Umbau des Stadions, der Vereinspräsident will international hoch hinaus und Torhüter Lorenzo Bucchi jubelt ins Mikrofon des Tessiner Fernsehens, diesen Sieg hätte man nach sich "nach der Schmach vor einem Jahr zu 1000% verdient". Der Römer meint die Niederlagen gegen den FC Aarau in den beiden Barrage-Spielen vor einem Jahr, "die man nun ein Jahr lang schwer auf den Herzen jedes Bellinzonesi gelegen hat".

Das ist übrigens nicht die einzige Verbindung zu Aarau. Der heutige Torschütze zum 1:0, Francisco Neri hat eine Aarauer (und St.Galler...) Vergangenheit und Bellinzonas Top-Scorer Christian Pouga, spielte vor einem Jahr mit Aarau die letzten 24 Minuten im Barragespiel - gegen Bellinzona.

Doch derlei Kuriositäten interessiert kaum einen im Tessin. Dort gibts heute eine "Notte bianca" - eine Freinacht. Tanti Complimenti nach Bellinzona - Vaduz übrigens, kann von mir aus sofort wieder absteigen.

3 Kommentare:

schwarzer kafka hat gesagt…

das mit den anständigen güllener-fans war wohl nichts :-(

Anonym hat gesagt…

auf SFinfo wäre das spiel übrigens auch gekommen. freue mich sehr, dass die pinken bellinzonaner jetzt in der supi liig spielen.

Goggi hat gesagt…

Ja, schade. Muss das gleich anpassen. So gesehen ein Grund mehr, den Güllern nicht nachzutrauern...